Die Weckerlinie galt Ende des 19. Jahrhunderts als technische Höchstleistung im Feuerlöschwesen. In einer Stadt von der Größe Esslingens waren 20 bis 30 Feuerwehrleute durch ein elektrisches Läutwerk in ihren Häusern direkt mit der Alarmzentrale, in Esslingen damals noch in der Polizeiwache, verbunden. So konnte bei einem Brand direkt alarmiert werden, ohne dass Signalisten durch die Stadt laufen mussten und die Bevölkerung sofort davon erfuhr. Ausgerüstet mit den besten Geräten und unter der Voraussetzung minutenschneller Einsatzbereitschaft genügte meistens die recht geringe Zahl an Feuerwehrmännern, um einen Brand zu löschen.
Nach einer Besichtigung der Weckerlinie in Heilbronn, die 1893 eingerichtet worden war, beschloss der Verwaltungsrat der Feuerwehr im Februar 1895 eine Eingabe an den Gemeinderat um Errichtung einer Weckerlinie in Esslingen. Erstaunlich schnell, bereits einen Monat später, kam die städtische Zusage. Die Feuerwehr war auf offene Ohren gestoßen, denn im Oberbürgermeister fand sie einen Verfechter ihres Wunsches. So konnte schon im April 1895 die Weckerlinie Esslingen gegründet werden.
24 Feuerwehrleute und zwei Fuhrwerksbesitzer wurden angeschlossen. Die Feuerwehrleute waren allesamt selbständige Handwerker aus der Nähe des Magazins, die die meiste Zeit zu Hause verbrachten - eine wichtige Voraussetzung für eine effektive Alarmierung. Auch die Fuhrwerksbesitzer wohnten in der Nähe des Magazins. In einer Rede 1909 erzählte der Weckerlinienleutnant und spätere Kommandant Karl Mayer dazu folgende Anekdote: "Was unsere Bespannung anbelangt, so funktioniert dieselbe in Bezug auf die Pferde vorzüglich. Es kam bei uns vor, dass ein Pferd in flottem Trab an unser Magazin kam, weil es nicht warten wollte, bis sein Kamerad eingeschirrt war. Kurz - es kam allein, und der Fahrer kam auf dem anderen Pferde nachgeritten".
Am 7. September 1895 unternahm die Weckerlinie ihre erste Übung mit bespannten Geräten. Danach fuhr sie durch die Stadt, um den Einwohnern die neue Errungenschaft vorzuführen. Erst im Spätherbst wurde sie dann offiziell eingeweiht. In den zwanziger Jahren erhielt die Weckerlinie neue Geräte, nämlich die bereits erwähnten Kraftfahrzeuge, und galt dann wieder als hervorragend ausgerüstet.
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