29.09.2005
Tödliches Ende eines Krankentransports
Esslinger Zeitung - Claudia Bitzer
WEILHEIM/FILDERSTADT: Erfahrener Pilot, gute Sicht - Noch weiß keiner, warum der DRF-Helikopter seine Insassen in den Abgrund gerissen hat
"Ich habe noch gedacht, wenn man in so einem Rettungshubschrauber sitzt, kann es einem nicht gut gehen", erzählt der Bauer aus Weilheim, der gestern den Hubschrauber vom Typ BK 117 gegen 11.15 Uhr auf den Albtrauf zufliegen sah. Da gab es allerdings zunächst noch keine Anzeichen dafür, dass "Christoph 51"ein paar Sekunden später in der Nähe des Boßlers mehrere Baumwipfel streifte, abstürzte, zerschellte und ausbrannte. Der Bauer aus Weilheim hat den Schlag gehört, "ganz schwarze Wolken gesehen" und sofort die Polizei verständigt. Um 11.21 Uhr ging der Notruf dann bei den Feuerwehrleitstellen in den Kreisen Esslingen und Göppingen ein, bereits um 11.37 und 11.38 Uhr waren die ersten Fahrzeuge aus Gruibingen und Weilheim an der unwegsamen Unfallstelle. Den Weg hat ihnen ein schwarzer Rauchpilz gewiesen, der über dem schwer zugänglichen Steilhang hing.
Die Deutsche Rettungsflugwacht (DRF) hatte ihren am Flughafen Stuttgart stationierten Hubschrauber um 11.03 Uhr mit einer Patientenverlegung von der Gerlinger Klinik auf der Schillerhöhe ins Münchner Klinikum Großhadern auf den Weg geschickt. Doch etwa 50 bis 70 Meter unterhalb des Höhenwegs, der vom Boßlerhaus zum Reußenstein führt, sterben die 28-jährige Patientin, der 47-jährige Pilot sowie der 51-jährige Arzt und der 44-jährige Rettungsassistent.
"Der Hubschrauber war fast pulverisiert", schildern Augenzeugen das, was von "Christoph 51" noch übrig ist und was der Esslinger Polizeisprecher Klaus Holzmann als "sehr stark zerstört", beschreibt. Noch rund zwei Stunden nach dem Absturz künden drei Hubschrauber und zahlreiche Feuerwehr- und DRK-Fahrzeuge samt Bergwacht von dem Großaufgebot, das nur noch im schwer zugänglichen Steilgelände löschen konnte.
Flughindernis Boßler
Allein die Feuerwehren waren mit 15 Fahrzeugen und 80 Mann im Einsatz, Rettungsdienste und Bergwacht brachten es auf 31 Autos und 70 Einsatzkräfte. Selbst Innenminister Heribert Rech, der sich gestern bei der PD Göppingen angekündigt hatte, kam zum Unglücksort.
Zum Zeitpunkt der Absturzes herrschten klare Sichtverhältnisse, bestätigt die Polizei. Weilheim liegt auf 400 Meter Höhe, erläutert der ebenfalls an die Unfallstelle geeilte Bürgermeister Hermann Bauer. Der Trauf am Boßler schiebt sich mit seinen 800 Höhenmetern dem Flugverkehr als Querriegel entgegen. 1958 sind dort zwei amerikanische Düsenjäger abgestürzt und haben die beiden Piloten und drei Forstleute in den Tod gerissen, so Bauer. Und ein Feuerwehrmann erzählt von einem Gedenkstein, der an insgesamt 20 Flugtote am Boßler erinnert. Doch die Zeiten sind lange her. Das "Flughindernis Boßler" war bekannt, der Pilot des DRF-Hubschraubers galt als sehr erfahren. "Er war seit 1986 für uns tätig und hatte über 6500 Flugstunden", so DRF-Sprecherin Petra Hentschel.
In der Einsatzzentrale Filderstadt ist die Trauer grenzenlos. "Wir hatten um 11.04 Uhr den letzten Funkkontakt. Es gab keinerlei Anzeichen für Probleme. Die Crew war fest auf dem Stuttgarter Hubschrauber im Einsatz, alle seit vielen Jahren für die DRF tätig." Seit 1973 ist die Deutsche Rettungsflugwacht weltweit in Sachen Rettungstransporte in der Luft, der gestrige Hubschrauberabsturz war laut Hentschel der dritte in der DRF-Geschichte: 1976 starb die dreiköpfige Besatzung, als ein Helikopter bei Karlsruhe zu Bruch ging, 1984 verlor ein Pilot zwischen Baden-Baden und Friedrichshafen sein Leben. "Aber wir haben in dieser Zeit weltweit 300 000 Rettungsdienste geleistet", bemüht sich Hentschel um die richtigen Relationen.
Dieser Artikel wurde original aus der Esslinger Zeitung
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