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25.06.2006

Wenig Vertrauen nachgewachsen

Schwäbisches Tagblatt - Eckhard Ströbel

Ein halbes Jahr nach dem tödlichen Tübinger Feuerwehr-Unfall sind noch viele Fragen offen
TÜBINGEN. Ein halbes Jahr nach dem Brand in dem Werkstatt- und Atelierhaus in der Reutlinger Straße, bei dem zwei hiesige Feuerwehrmänner ums Leben kamen, sind die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen. Vermutlich Ende Juli werde es einen Abschlussbericht geben, sagte der derzeitige Leiter der Tübinger Staatsanwaltschaft. Michael Pfohl ist „in großer Sorge“ um das Klima innerhalb der Tübinger Feuerwehr.


Die Staatsanwaltschaft musste tätig werden, weil bei dem Löscheinsatz zwei Männer erstickten (die Obduktion bestätigte dies) und auch weil eine anonyme Anzeige dem Einsatzleiter Fehlverhalten unterstellte. Aufgrund der Sachkunde und Detailkenntnis der Beschuldigung war schnell klar, dass sie aus dem Kreis der Feuerwehrleute kommen muss. Darunter litt die viel gerühmte Kameradschaft nach Auskunft von Beobachtern sehr.

Obwohl sich kundige Leute und Prominente um den beschädigten Zusammenhalt der freiwilligen Retter bemühten, scheinen Defizite geblieben und wenig Vertrauen nachgewachsen zu sein. Dem Staatsanwalt ist zu Ohren gekommen, dass von einem Teil der Tübinger Feuerwehrleute behauptet wird, „es würde nicht gründlich untersucht“, womöglich um Brisantes unter den Teppich zu kehren. Pfohl tritt dem deutlich entgegen. Nach seiner Auskunft arbeiten acht Sachverständige an den Themen, etliche Zeugen wurden vernommen, keine Kosten gescheut. Die Akten umfassen schon über 1000 Seiten.

Die Geräte waren in Ordnung

Kreisbrandmeister Karl Herrmann hat Verständnis für die Aufregung: „Es liegt in der Natur der Sache, dass die Verunsicherung anhält und von den Feuerwehr-Kameraden immer wieder Fragen gestellt werden, solange die Unglücksumstände nicht vollständig aufgeklärt sind.“

Der nun in Aussicht gestellte Bericht der Staatsanwaltschaft soll Aussagen zu drei Problemkreisen machen: Brandursache, baulicher Zustand des Gebäudes, Einsatzverhalten der Feuerwehr. Die Frage nach der Funktionsfähigkeit des eingesetzten Geräts (etwa: Atemschutz) ist laut Pfohl bereits beantwortet: „Da ist alles in Ordnung.“ Während die Recherche zum Brandhaus wohl ergeben wird, dass eine Genehmigung für die Nutzung des einstigen Lagerhauses als Atelier nicht vorlag, stützt sich die Staatsanwaltschaft bei den schwierigeren Fragen nach Brandursache und Einsatzablauf auf die Untersuchungen einer Kommission.

Der gehören ausgewiesene Sachverständige an, die in der Regie des Landesbranddirektors Hermann Schröder zahlreiche Details zusammentragen, in der Hoffnung, dass sich daraus ein klares Bild ergibt. Eigentlich wollte Schröder diesen Kommissionsbericht schon zu Pfingsten vorlegen. Doch es kam zu Verzögerung, weshalb die Staatsanwaltschaft ihre Folgerungen vorläufig unter Verschluss hält. Einige Ermittlungserkenntnisse sind aber durchgesickert.

Plötzlich ohne Löschmittel

Schon bald nach dem Unglück galt das Platzen des Feuerwehrschlauches infolge direkter Hitzeeinwirkung als Grund dafür, dass erneut entfachte Flammen den ins Haus geschickten – plötzlich ohne Löschmittel dastehenden – Zwei-Mann-Trupp im völlig verrauchten Dachgeschoss die Orientierung verlieren ließ oder aber das Feuer den beiden Männern den schwierigen Rückweg abschnitt, so dass sie schließlich erstickten.

Bangen ums Image

Bei der Rekonstruktion des Unglücks vor Ort hatte sich – für die Brandexperten überraschend – herausgestellt, dass ein mit Druckluftschaum gefüllter Schlauch durch Hitzeeinwirkung schneller zu beschädigen ist als ein Schlauch, durch den ausschließlich Wasser fließt. Die Erklärung überzeugte auch Laien: Wasser ist das bessere Kühlmittel als ein Wasser-Luftgemisch, wie es der beim Atelier-Brand verwendete Druckluftschaum darstellt.

Diese Erklärung aber, dass der Druckluftschaum das Leck im Schlauch begünstigte, wird inzwischen von der Schaum-Firma bestritten: Ein eigener Versuch habe ergeben, dass Schläuche die gleiche Hitzebeständigkeit hätten, gleichgültig ob sie mit Wasser oder Schaum gefüllt seien.

Obwohl vorab vom Stuttgarter Innenministerium informiert, protestierte die Herstellerfirma gegen die ministerielle Empfehlung, beim Löschen innerhalb brennender Gebäude keinen Druckluftschaum zu verwenden. Die Firma sieht sich unbegründet beschuldigt. Sie bangt vermutlich um Image und Umsatz.

Kritik am Verfahren

Teils offen, teils hinter vorgehaltener Hand wird derweil in Feuerwehrkreisen immer wieder Kritik am Druckluftschaum-Löschverfahren laut: Die etwa 50000 Euro teuren Zusatz-Geräte (die Tübinger und die Gomaringer Feuerwehr sind mit je einem ausgerüstet) seien ihr Geld nicht wert. Das aus den Vereinigten Staaten kommende, eigentlich einmal zur Waldbrandbekämpfung entwickelte System werde dort auch nur mit doppelwandigen Schläuchen eingesetzt.

Inzwischen gibt es Vermutungen, der Löschschaum könne nicht nur für den Schlauchplatzer, sondern auch fürs Wiederaufflackern der Flammen verantwortlich sein: Denn Schaum erstickt ein Feuer nur, solange die Bläschen stabil sind und das Brandgut komplett abdecken, also von der Sauerstoffzufuhr abschneiden.


Dieser Artikel wurde original aus dem/der Schwäbisches Tagblatt entnommen,
wir übernehmen keine Verantwortung für den Inhalt.

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