

KREIS ESSLINGEN - Die neuen Helme nach Euro-Norm sind gefährlich - Kinnriemen stranguliert den Träger Weil die altbekannten und bewährten Aluminiumhelme elektrisch leitfähig sind, dürfen sie von den Kommunen nicht mehr angeschafft werden. Alternative: Helme aus Kunststoff. Doch bei einem "heißen" Test, den das Essener Unternehmen Deutsche Montan Technologie (DMT) im Auftrag des Bundesverbandes der Unfallkassen sowie des Deutschen Feuerwebrverbandes (DFV) gemacht hat, versagte ein großer Teil der auf dem Markt erhältlichen Kunststoffhelme. Jeder Feuerwehrmann und jede -frau trägt einen Helm, wenn es zum Einsatz geht. Genau der sorgt für heftigen Wirbel. Denn die Kopfbedeckung sollte den Träger schützen. Die neuen Helme gefährden dagegen eher. Ursache für die Diskussion ist eine europäische Norm. Wegen der elektrischen Leitfähigkeit soll der seit Jahrzehnten im Einsatz befindliche Aluminiumhelm ausdienen. Die Alternative: Feuerwehrhelme aus Textil-Phenol-Kunstharz. Die aber sind nicht nur ungeeignet, sondern schlicht hochgefährlich, wie Tests bewiesen. Simuliert wurden Routineeinsätze bei Wohnungsbränden. Die erschreckenden Ergebnisse: Die Helme verformten sich, mal brannte der Nackenschutz, mal der Kinnriemen oder die Klettverschlüsse, zum Teil geriet der gesamte Helm in Brand. Kurzum: Viele Helme waren nach der Übung total zerstört, kein einziger war danach intakt. Gefährlich wird's für einen Feuerwehrmann, der mit Euro-Helm in ein brennendes Gebäude geht: Beult sich der Kunststoff nach innen, drückt der Helm auf den Kopf, der Kinnriemen stranguliert den Träger. Solche Beinahe-Unfälle hatten sich im Frühjahr bei verschiedenen deutschen Feuerwehren in Übungen ereignet. Passiert ist den Trägern glücklicherweise nichts. Die Feuerwehren im Kreis Esslingen kennen die Testergebnisse. Genaue Zahlen hat Kreisbrandmeister Bernhard Dittrich nicht, aber er schätzt, dass im Kreis bis jetzt maximal fünf Prozent der Helme ausgetauscht wurden. Komplett umgestellt habe noch keine örtliche Feuerwehr, meint er. Eile bestehe auch nicht: Für die alten Alu-Helme gilt ein "Bestandsschutz". Solange dieser gilt, muss keiner den Helm ersetzen. Auch wenn die neuen Modelle etwas futuristischer aussehen, rät Dittrich vom Kauf ab. "Die Schutzwirkung des Alu-Helms ist bis jetzt ausreichend gewesen", sagt der Kreis-Feuerwehrchef. "Kombiniert mit entsprechender Schutzkleidung, brauchen die Einsatzkräfte keine Bedenken zu haben." "Viel zu unsicher und vor allem auch nicht finanzierbar", beurteilt Georg Prinzing, Stadtbrandmeister in Leinfelden-Echterdingen, die neuen Helme. Bei 200 aktiven Einsatzkräften würde eine Umstellung seinen Etat mit 45 000 Euro belasten. Außerdem ist ihm in seinem 40-jährigen Feuerwehrdienst kein Fall bekannt geworden, wo ein Feuerwehrmann durch einen Stromschlag am Helm verletzt wurde. Er sieht deshalb keinen Handlungsbedarf, schnell neue Helme anzuschaffen. "Wir haben noch genug Alu-Helme in Reserve", erklärt Günter Jesinger, stellvertretender Amtsleiter der Feuerwehr Esslingen. "Solange die neuen Modelle Blasen werfen und eine Gefahr für die Einsatzkräfte darstellen, stellen wir ganz sicher nicht um", betont er. In Baden-Württemberg sind 110.000 ehrenamtliche und 1700 hauptamtliche Feuerwehrleute tätig.
Kreisbrandmeister Bernhard Dittrich zeigt seinen Alu-Helm. Der leitet zwar Strom, ist aber weit ungefährlicher als einer der neuen Euro-Helme. Wie der nach einem Wohnungsbrand aussieht, zeigt das kleine Foto: Aufgeplatzte Blasen zieren die Oberfläche, der "Schutzhelm" ist völlig zerstört Fotos: Baumann