11.03.2008
Kühle Nächte für die Feuerwehr
Esslinger Zeitung online - do
ESSLINGEN: In den Ruheräumen werden acht Klimageräte eingeschaltet - CDU und SPD setzen sich durch
In der neuen Feuerwache werden von 25 Kühlgeräten, die kürzlich stillgelegt worden sind, 8 wieder in Betrieb genommen. Mit dieser Entscheidung, die mit jährlichen Kosten von 1400 Euro verbunden ist, sollen in den Ruheräumen im Hochsommer erträgliche Temperaturen garantiert werden. Gegen den Widerstand der Freien Wähler, Grünen und des Oberbürgermeisters setzten CDU und SPD diese Lösung durch. Einigkeit herrschte gestern im Ausschuss für Technik und Umwelt nur in einem Punkt: „Der Einbau der umstrittenen Klimaanlage in der neuen Feuerwache war keine Meisterleistung“, sagte SPD-Fraktionschef Andreas Koch, der mit dieser Kritik allen Stadträten aus dem Herzen sprach. Mit Unverständnis reagierten alle Fraktionen darauf, dass der Eigenbetrieb für die Städtischen Gebäude zunächst eine zukunftsweisende Lösung mit Rücksicht auf den Kostenrahmen gestrichen und am Ende dann doch 69 000 Euro für eine klassische Klimaanlage auf den Tisch gelegt hat - für eine Lösung, die technisch und klimapolitisch als hoffnungslos veraltet gilt.
OB Jürgen Zieger und Baubürgermeister Wilfried Wallbrecht räumten die Fehlleistung ein, wollten diese aber nicht zu hoch hängen. Die zukunftsweisende Lösung, die zunächst im Mauerwerk das Raumklima positiv beeinflussen sollte, ist Zieger zufolge in einem frühen Stadium dem Rotstift zum Opfer gefallen. Zu diesem Schritt habe sich der Eigenbetrieb entschlossen, weil die vorgesehenen Kosten für den Rohbau überschritten worden sind. Als Reaktion habe man deshalb die Investitionen im Mauerwerk gestrichen. Als sich im weiteren Verlauf der Arbeiten doch noch finanzieller Spielraum eröffnen sollte, habe sich der Eigenbetrieb im Alleingang für die Klimaanlage entschieden - ein Fehler, wie Zieger einräumte. „Am Ende ist man immer klüger“, erklärte der OB, der um Verständnis warb, dass bei einem solchen Projekt auch einmal etwas nicht ganz optimal läuft. Entscheidend bleibt für ihn: Trotz der ärgerlichen Investition in die veraltete Klimaanlage wird der Kostenrahmen von 10,26 Millionen Euro eingehalten.
Drei Argumente für den Verzicht
Weil Zieger und Wallbrecht die Klimaanlage für überflüssig halten, haben sie angeordnet, dass 25 von 40 Kühlgeräten stillgelegt werden - ein Schritt, der fast 10 000 Euro gekostet hat. Zieger verteidigte dieses Vorgehen gestern mit drei Argumenten. „Sie sind in den Aufenthalts- und Ruheräumen nicht notwendig.“ Das Gebäude auf der Ostseite sei so gut isoliert, dass auch im Hochsommer erträgliche Temperaturen herrschen. Außerdem gelte es Kosten zu sparen und den Klimaschutz ernst zu nehmen. „Es reicht nicht aus, sich zum Klimaschutz zu bekennen. Er fängt schon bei ganz kleinen Taten wie in der Feuerwache an.“ Diese Position vertraten auch die Freien Wähler und die Grünen. Annette Silberhorn-Hemminger (Freie Wähler) und Dirk Rupp (Grüne) warben dafür, die Feuerwache demnächst einzuweihen und nur die Räume mit hitzeempfindlicher Technik zu kühlen. „Nach einem Jahr können wir die Erfahrungen auswerten“, schlug Annette Silberhorn-Hemminger vor.
Edward-Errol Jaffke (CDU) und Andreas Koch (SPD) favorisierten dagegen einen Kompromiss, der „aus dieser Situation das Beste macht“. Sie setzten sich mit ihrem Antrag durch, mit Rücksicht auf die Feuerwehrleute in Ruheräumen bei Bedarf acht Klimageräte einzuschalten. Während Jaffke und Koch von einem guten Kompromiss für die Feuerwehr sprachen, zeigte sich Zieger enttäuscht. Er kritisierte, die Frage sei zu einer Entscheidung über Wohl und Wehe der Feuerwehr stilisiert worden und warf der CDU vor, sie habe das Thema zu skandalisieren versucht. Jaffke, dessen Fraktion den Neubau der Feuerwache abgelehnt hat, wies die Kritik zurück. „Wir wollen die Sache nicht aufbauschen. Aber auch unser gutes Recht ist es, uns zu Wort zu melden, wenn etwas nicht richtig läuft.“
Fragwürdig
Ein Kommentar Von Hermann Dorn
Die Stadtverwaltung hat sich im Umgang mit der Klimatechnik in der neuen Feuerwache nicht mit Ruhm bekleckert. Oberbürgermeister Jürgen Zieger mag sich noch so sehr freuen, dass der finanzielle Rahmen für das Großprojekt eingehalten wird, dass das Kostenmanagement insgesamt funktioniert hat - die Entscheidungen im Umgang mit der Frage, wie die Raumtemperaturen zu regeln sind, waren alles andere als professionell. Ärgerlich bleibt, wie leichtfertig die Chance vertan worden ist, die Investitionen in eine veraltete Lösung einzusparen. 69 000 Euro sind schließlich kein Pappenstiel. Schwächen lässt auch die Informationspolitik erkennen. Sie war alles andere als vertrauensbildend. Es hätte der Verwaltungsspitze gut angestanden, offener mit der Panne umzugehen.Mehr als fragwürdig ist allerdings, wie die Mehrheit des Gemeinderats mit der Situation umgeht. Der angebliche Kompromiss, den CDU und SPD jetzt durchgeboxt haben, ignoriert alle sachlichen Einwände. Ob der Betrieb der Klimaanlagen in den Ruheräumen notwendig ist, ob er finanziell und klimapolitisch vertretbar ist - solche Fragen übersehen diese Fraktionen in seltener Einmütigkeit. Unversehens ist für sie das Thema zur Nagelprobe geraten, wer sich mehr um das Wohl der Feuerwehr kümmert. Sie haben sich hinreißen lassen, zwischen Einsatzfähigkeit und eingeschalteten Klimageräten in den Ruheräumen einen Zusammenhang zu konstruieren und verkaufen ihren Sieg nun als intelligente Antwort auf die unnötige Investition. Ein Irrtum. Die Fehlleistung der Verwaltung wird auf diese Weise nicht besser, sondern eindeutig schlimmer.
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