

In Joggingsachen steht Iris Koch in der Turnhalle der Albert-Schweitzer-Schule in Denkendorf. „Bei uns ist alles kaputt“, sagt sie. Ihr Haus in der Gabriele-Münter-Straße 8, die Kellerräume, in der Tiefgarage ein Mercedes SLK, ein Motorrard, die Fahrräder der fünfköpfigen Familie, die gesamte Campingausrüstung. „Ich habe mir gerade noch drei Geldbeutel und zwei Handys geschnappt“, berichtet sie über den überstürzten Aufbruch am Samstagnachmittag, als die Tiefgarage zwischen zwei Häuserreihen brannte und die Anwohner von 16 Gebäuden im Neubaugebiet Lange Äcker evakuiert wurden.Trotz der sich abzeichnenden Katastrophe kümmerte sich Iris Koch um die Nachbarn: Eine Neunjährige stand im Schlafanzug weinend vor dem Haus. Von zwei weiteren Nachbarskindern riefen die Eltern bei ihr an, ob sie nach ihnen sehen könnte, sie würden eventuell schlafen. Auch nach diesen beiden sah Iris Koch. Gegen 18 Uhr steht sie blass, aber gefasst in der etwa 50 Meter entfernten Schulturnhalle. Weinen müsse sie nur noch, wenn sie jemand erzählt, dass sie wohl Haus und Hof verloren haben. Tapfer meint sie: „Meine Kinder, mein Mann und meine Nachbarn leben - wir sind nochmal davongekommen.“ Die Kinder zwischen 12 und 18 Jahren sind schon bei den Schwiegereltern in Mettingen.
Kurz Medikamente holen
Alle zwei Stunden informieren Feuerwehr, Bürgermeister Peter Jahn oder der stellvertretende Bürgermeister, Martin Klein, über den Stand der Dinge. Zum Beispiel, dass die Bewohner der zwei Gebäude Alter Eichwald, darunter Veronika und Jürgen Zeiträg, womöglich später kurz in ihre Häuser dürfen - sie können sogar seit gestern wieder zuhause übernachten.
Am Samstag aber durften die Bewohner nur in dringenden Fällen unter Begleitschutz wichtige Medikamente holen. So wie Markus Schick, der vom Sportplatz heim geholt wurde und zuhause seine neunjährige Tochter in Empfang nahm. Er steht im Foyer zusammen mit Nachbar Oliver Koch, der einen Blick in das Heim der Familie geworfen hatte: „Es war alles rabenschwarz, die Küche, das Wohnzimmer, das Esszimmer, die Möbel sind mit einem schwarzen Belag überzogen. Es ist alles am Arsch.“ Thomas Fengler hatte für ein Fest des Fördervereins der Albert-Schweitzer-Schule gerade Leberkäse geholt - das hat ihm immerhin sein Auto gerettet. Als er in die Münter-Straße 18 heimkam, brannte die Garage. „Ich habe den Feuerlöscher geholt und bin runter.“ Dass er chancenlos war, sah er schnell ein. Die zehnjährige Tochter und der 13-jährige Sohn verließen schnell das Haus, der Sohn in Badeschlappen. Abends, als die Eltern zuhören, was Martin Klein, stellvertretender Bürgermeister und Rektor der Schule, sagt, sind sie längst bei der Oma in Denkendorf. Klein berichtet über Mikro, dass alle 108 im Gebiet gemeldeten Bewohner bei Freunden, Bekannten und Verwandten untergekommen sind. „Bis jetzt hat sich niemand gemeldet, der von der Gemeinde eine Unterkunft benötigt. Das ist ein sehr gutes Zeichen von Solidarität.“ Als er den gut 200 Rettungskräften dankt, brandet Beifall der knapp hundert Anwesenden auf.
Spurensuche beginnt
Erst gegen 19.26 Uhr ist der Brand gelöscht. Gestern wurden 17 Autowracks und vier Motorräder aus der Garage geschleppt, berichtet Polizeisprecher Michael Schaal. Die Kräfte des Technischen Hilfswerks haben begonnen, die einsturzgefährdete Tiefgarage abzustützen, Statiker untersuchen, was einsturzgefährdet ist, erste Kriminaltechniker betraten die Garage. „Die sieht verheerend aus“, sagt Schaal. Die Brandursache sei aber noch völlig unklar. Es dauere wohl einige Tage, bis die Spuren ausgewertet sind. Der Sachschaden betrage mehrere Millionen Euro. Sechs Gebäude sind derzeit unbewohnbar.