28.02.2010
Engpass unter Nummer 112
Esslinger Zeitung online - Roland Kurz
KREIS ESSLINGEN: Zwei Jahre nach Eröffnung braucht Leitstelle von DRK und Feuerwehr neue Technik
Auf der Leitstelle von Feuerwehr und DRK in der Esslinger Feuerwache kann die DRK-Mannschaft die Anrufe auf der 112 nicht
direkt annehmen. Das kann zu unnötigen Verzögerungen führen.Foto: Rudel
„Ein
Ärgernis ersten Grades", echauffierte sich Landrat Heinz Eininger. Nur
zwei Jahre nach der Einweihung der Esslinger Feuerwache braucht die
Leitstelle von Feuerwehr und DRK eine neue Technik. Eine gemeinsame
Leitstelle, an der man sich gegenüber sitzt, reicht nicht mehr aus, der
Gesetzgeber verlangt eine „integrierte" Lösung. Vor zwei Jahren
zeichnete sich das ab, aber das DRK sperrte sich, weil es um die
Refinanzierung durch die Krankenkassen bangte.
Von Roland Kurz
Auf
380 000 Euro wird die Erweiterung zur technisch integrierten Leitstelle
veranschlagt. Verbunden ist damit die Aufrüstung mit BOS-Digitalfunk
(Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben). Wie viel Geld
vergeudet wurde, weil 2008 nicht gleich die Zukunftslösung installiert
wurde, sei aufgrund der zusätzlichen Digitalisierung schwer zu
beziffern, erläutert Matthias Berg, der stellvertretende Landrat.
Unterm Strich werde man bestimmt „einen niedrigen sechsstelligen
Betrag" mehr ausgeben. Es dürfte sich um etwa 150 000 Euro handeln.
Berg: „Den jetzt notwendigen Server hätte man sich sparen können."Mit
diesem Server glauben die Planer eine Lösung gefunden zu haben, der die
Leitstellen von Feuerwehr und Rettungsdienst verknüpft. Bis diese
Technik Anfang 2011 den Probebetrieb aufnimmt, behilft man sich mit
einer Zwischenlösung: vier Telefone, mit denen die DRK-Besatzung an den
Feuerwehr-Rechner angebunden ist. Denn bei der Nummer 112 herrscht
akuter Handlungsbedarf.Die EU treibt derzeit die Vereinheitlichung des
Notrufs 112 für Feuerwehr, Notarzt und Rettungsdienst an. Gleichzeitig
wirbt das DRK verstärkt für die 112. Die 19222 ist nur noch eine
Servicenummer. Auf der Esslinger Leitstelle kann aber nur der
Feuerwehr-Disponent die 112-Anrufe entgegennehmen. Die
DRK-Rettungsleitstelle erhält nur die weitergeleiteten. „Damit besteht
die Gefahr, dass die Notrufe nicht rechtzeitig abgearbeitet oder
weitervermittelt werden können", heißt es in der Vorlage an die
Kreisräte. Die Verwaltung spricht von einem „Flaschenhals" auf der
112.Landrats-Vize Berg verdeutlichte das Problem im Ausschuss für
Technik und Umwelt: Wenn auf der Autobahn ein Auto brenne, gingen
binnen einer Viertelstunde 100 Anrufe auf der 112 ein. Um dies
abzupuffern, brauche man die neue Technik. Deutschland sei bei der
Digitalisierung das Schlusslicht, weil man ein System wolle, das alles
könne.Die Kreisräte ließen in der Sitzung ihrem Ärger freien Lauf.
„Sehr bitter und ärgerlich", schalt Siegfried Roser (Freie Wähler).
Marianne Gmelin (SPD) nannte den DRK-Rettungsdienst als Schuldigen.
Geteilte Struktur garantiert Streit
Der Landrat wies schließlich auf das Kernproblem hin: Für Leitstellen
gelten sowohl das Feuerwehrgesetz als auch das Rettungsdienstgesetz,
und es gibt zwei Finanzierungssysteme. Für die Feuerwehr zahlt der
Kreis, für den Rettungsdienst die Krankenkassen. Zudem sind zwei
Ministerien zuständig: Innen- und Sozialministerium. Eininger: „Solange
diese Harmonisierung fehlt, wird es immer Streit geben."
Rafael Dölker, Geschäftsführer
des DRK-Rettungsdienstes Esslingen-Nürtingen, macht deshalb eher das
Finanzsystem als das DRK für die Fehlentscheidung 2008 verantwortlich.
Die integrierte Leitstelle hätte damals 2,2 Millionen Euro gekostet,
die eigene DRK-Leitstelle nur 750 000 Euro. Die Krankenkasse habe sich
aber nur zur Zahlung der Technik für den Rettungsdienst verpflichtet
gesehen. Am DRK wären 350 000 Euro hängen geblieben. Die hätte man
nicht stemmen können, erklärte Dölker.
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