

KREIS ESSLINGEN: Bei Unwettern nehmen zusätzlich zum Personal speziell ausgebildete Feuerwehrangehörige die Notrufe an
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Mathias Imhof (vorn) und Ewald Messner zählen zu den sechs Disponenten der Esslinger Feuerwehr-Leitstelle, die bei Anrufen über den Notruf 112 rasch Entscheidungen treffen müssen. Zu drohenden Unwettern gibt es Informationen vom Deutschen Wetterdienst. Foto: Kaier
Schwere Gewitter, Sturmböen, heftiger Starkregen und Hagel: Auf das Tagesgeschäft der Feuerwehr-Leitstelle, die Notrufe entgegennimmt und auswertet, die zuständigen Freiwilligen Feuerwehren alarmiert und die Einsätze koordiniert, werden immer häufiger Unwetterlagen draufgesattelt. Informiert vom Deutschen Wetterdienst (DWD), ist der sogenannte Feuerwehr-Disponent, der mögliche spätere Unwetter-Einsätze koordinieren muss, dank des umfangreichen Warnmanagements und modernster Technik stets auf dem Laufenden. Auf einem Monitor kann er Gewitterzellen im Auge behalten. Ist klar, dass das Unwetter den Landkreis Esslingen treffen wird, beordert er Feuerwehrleute in die Leitstelle in der Esslinger Feuerwache in den Pulverwiesen, damit die in großer Zahl erwarteten Notrufe auch alle entgegengenommen werden können.
„Vor dem Orkan Lothar im Dezember 1999 ist zu spät gewarnt worden. Das war wohl die Initialzündung, dass auch technisch aufgerüstet worden ist und über Funk, Fernsehen und das Internet nun die Unwetterwarnungen sehr früh verbreitet werden“, sagt Günter Jesinger, derzeit Amtsleiter der Esslinger Gesamtfeuerwehr. Die Leitstelle arbeitet wie viele andere Interessenten - etwa aus der Landwirtschaft oder dem Flugverkehr - engstens mit dem DWD zusammen und erhält von dort alle relevanten Informationen. „Wir haben zu den Meteorologen einen sehr guten Draht. Es wurden auch schon Schulungen organisiert“, sagt Mathias Imhof, der stellvertretende Leitstellenleiter. Schließlich könne man sich nicht darauf verlassen, dass sich „tatsächlich bei uns ein Unwetter entlädt, wenn sich der Himmel lila verfärbt hat“.
VERLÄSSLICHE METEOROLOGEN
Bis ins Letzte einzuschätzen seien die Gewitterzellen allerdings nicht. Auch mithilfe der Wetterexperten lasse sich nicht exakt sagen, wo genau der Landkreis getroffen werde. Doch dank der DWD-Berechnungsmodelle ließen sich beispielsweise Windgeschwindigkeit und -stärke, Niederschlagsmenge und Größe der Hagelkörner vorhersagen, ebenso die Zugrichtung des Unwetters, erklärt Imhof. Prognosen und spätere Realität seien in der Vergangenheit aber so eng beieinander gelegen, „dass wir uns auf die Vorhersagen der Experten zu hundert Prozent voll und ganz verlassen“, unterstreicht Jesinger.
Wie sich die Unbilden des Wetters entwickeln, wüssten die erfahrenen Disponenten, so Jesinger. „Wenn eine Gewitterzelle über Balingen, Tübingen und Reutlingen auf den Landkreis Esslingen zukommt, sind sie durchaus in der Lage einzuschätzen, ob das Unwetter an uns vorbeigeht oder nicht.“ Müsse mit vollgelaufenen Kellern, überschwemmten Fahrbahnen und umgestürzten Bäumen gerechnet werden, sei klar, dass dies eine Menge Notrufe auslösen werde.
MEHR PERSONAL FÜR DIE NOTRUFE
Bevor das Donnerwetter dann losgeht, muss der Disponent deshalb dafür sorgen, dass die acht sogenannten ANA-Plätze (Ausnahme-Notruf-Abfrage) in der Leitstelle besetzt sind. „An diesen Plätzen nehmen speziell ausgebildete haupt- und ehrenamtliche Kräfte der Gesamtfeuerwehr Esslingen die Notrufe entgegen. Für diese Aufgabe werden sie regelmäßig geschult. Denn die Leute, die anrufen, sind meist sehr aufgeregt. Aber wir sind auf genaue Informationen angewiesen, die wir dann an die Einsatzkräfte weitergeben“, erklärt Jesinger. Die ANA-Kollegen sind im Übrigen auch bei jedem anderen schweren Unglück, das viele Notrufe auslösen würde, rasch einsatzbereit.
Die Kunst des Disponenten bestehe auch darin, die ANA-Leute nicht zu früh oder zu spät zu alarmieren: „Es muss einen vernünftigen Vorlauf geben, sodass sie in der Leitstelle sind, bevor das Unwetter tobt und sie vorbereitet in diese Wetterlage gehen können“, erklärt Jesinger. Es sei auch schon mal passiert, „dass wir Leute vorgehalten, sie aber nicht gebraucht haben. Aber besser so, als andersherum.“ Die ANA-Leute sitzen im Übrigen in einem eigenen Raum in der Leitstelle. Ihre Informationen geben sie an einen speziell für sie zuständigen Disponenten weiter. Denn „bei einem besonders schweren Unwetter kommen schon mal mehrere unserer Disponenten in die Leitstelle“, erklärt Jesinger. So mussten im vergangenen Jahr nach dem Hagelsturm von Reutlingen, der auch den Süden des Landkreises Esslingen heftig traf, innerhalb von zwei Tagen 850 Einsätze koordiniert werden. „Allein am 28. Juli, als das sonntägliche Unwetter wütete, gingen bei uns zwischen 17 und 22 Uhr 500 Notrufe ein“, erinnert sich Imhof.