Der Schlauch-Rüstwagen von 1952
Als Sonderanfertigung zum 100jährigen Bestehen wurde im Jahr 1952 ein Gerätewagen, ein sogenannter Schlauch-Rüstwagen, an die Freiwillige Feuerwehr Esslingen ausgeliefert. Es war das erste Esslinger Feuerwehrfahrzeug mit Funk und in dieser Form einmalig. Gewählt wurde ein Magirus-Rundhauber in Omnibusbauform mit Holzaufbau und Omnibusmotor. Es sei bemerkt, dass es sich um den ersten Magirus-Rundhauber in Esslingen handelte, dem noch zwei weitere folgen sollten.
Für die Zusammenarbeit mit der US-Feuerwehr (Kasernen, Flughafen) waren Übergangsstücke auf amerikanische Kupplungen vorhanden. Seinerzeit war der Schlauch-Rüstwagen das meistbenutzte Feuerwehrfahrzeug!
Voller Stolz berichtete der damalige Feuerwehrkommandant Paul Schneider in einem Manuskript zum Stand des Feuerlöschwesens in der Stadt der Esslinger Bürgerschaft:"Ein großes technisches Wunderwerk ist der Schlauch- und Gerätewagen. Er zählt nicht zu den Löschfahrzeugen, denn er besitzt keine Pumpe. Dafür ist er ein kleines Elektrizitätswerk. Mit seinem 130 PS-Dieselmotor treibt er einen Stromerzeuger an und liefert Drehstrom von 380 Volt und Wechselstrom von 220 Volt Spannung. Die Anlage ist ohne weiteres in der Lage, den Lichtstrom für ein kleines Ortsnetz zu liefern. Der erzeugte Strom kann außer für Beleuchtungszwecke zur Aufhellung der Brandstelle und ihrer Umgebung, zum Antrieb einer im Fahrzeug eingebauten Motorwinde, eines sogenannten Spills verwendet werden. Man ist damit in der Lage, eine Zugkraft von 3 Tonnen direkt zu entwickeln, oder über Flaschenzüge diese noch auf ca. 12 Tonnen zu vergrößern. Diese Winde wird hauptsächlich zum Heben von umgestürzten Fahrzeugen verwendet.
Atemschutzgeräte mit Sauerstoffzufuhr, Wiederbelebungsapparat, Werkzeuge aller Art, autogene Schweiß- und Schneidgeräte, Flaschenzüge, Hebezeug, schwerste Winden sind in reichem Umfang vorhanden. Ein aufblasbares Schlauchboot zur Rettung von Personen aus Wassersnot ist gleichfalls im Schlauch- und Gerätewagen enthalten. Ein anderer Kasten birgt ein tragbares benzinelektrisches Stromerzeugergerät für 24 Volt mit zahlreichen Scheinwerfern, Beleuchtungskörpern für Notbeleuchtung und langen Kabeln. Eine durch Benzinmotor angetriebene Kettensäge erleichtert die Arbeit, wenn Gebälk oder Bäume aus dem Weg geschafft werden müssen. Eine vollständige Telefonanlage mit Kabeln kann aufgebaut werden. Außen am Fahrzeug ist ein Lautsprecher als Kommandogerät angebracht, der die Befehlsübermittlung auf etwa 200 m ermöglicht.
Tief in seinem Innern birgt das Fahrzeug noch etwa 800 m B-Druckschläuche. Sie sind so geschickt eingelegt, dass man nur ein oder zwei Enden zu ergreifen braucht und - direkt vom Fahrzeug herunter - eine achthundert Meter lange oder parallel nebeneinander zwei 400 m lange Schlauchleitungen ausfahren kann. Wer möchte nicht gerne ein solches Fahrzeug als Kraftfahrer oder Feuerwehrmann bedienen?"
Ein neuer Rettungsweg aus Stahl
Die Beschaffung der neuen Drehleiter im Jahr 1955 ging nicht ohne Probleme vor sich. In die Kaufentscheidung waren neben der Freiwilligen Feuerwehr Esslingen auch der Gemeinderat und der damalige Oberbürgermeister Dr. Dieter Roser involviert. In der Gemeinderatssitzung, in der der Kauf der Drehleiter beschlossen wurde, entschied man sich gegen den Willen der Mehrzahl der Feuerwehrleute nicht für ein Produkt aus dem Hause Magirus, wie zuvor wohl angenommen wurde, sondern für eine Drehleiter auf Mercedes-Benz-Fahrgestell mit einem Metz-Aufbau. Es sollte das erste Mercedes-Fahrzeug der Freiwilligen Feuerwehr Esslingen werden, hatte man doch bis dahin einen reinrassigen Magirus-Stall. Lediglich der Stabswagen bildete eine Ausnahme. Die Entscheidung fiel aufgrund der Tatsache, dass die Mercedes-Metz-Leiter bei nach Norm gleichen Leistungen billiger war. Die Mannschaft der Feuerwehr wurde vor vollendete Tatsachen gestellt, jeglicher Einspruch wurde mit der Begründung abgelehnt, "dass das Fahrzeug schon bestellt sei". Etwa 30 Mann der Abteilung Stadtmitte drohten mit einem geschlossenen Austritt aus der Feuerwehr, falls das Fahrzeug so bestellt würde. Unter anderem wies man darauf hin, dass die Ersatzteilvorhaltung beim Kauf eines gleichen Fahrgestells wie bei den seitherigen Fahrzeugen einfacher und billiger sei. Der damalige Kommandant, der bei der Gemeinderatssitzung anwesend war und die Entscheidung für eine Mercedes-Metz-Leiter entgegen der Mehrheit der Feuerwehrleute befürwortete und mittrug, bot den sofortigen Rücktritt an. Die Mannschaft jedoch sprach ihm das uneingeschränkte Vertrauen aus, so dass er im Amt blieb. Im Dezember 1955 kam die Drehleiter dann zur Auslieferung.
Anscheinend war die Drehleiter nicht so schlecht wie der Ruf, der ihr vorauseilte, denn nach einiger Zeit verstummten die rebellischen Stimmen, und das Fahrzeug wurde allgemein angenommen. Die Drehleiter blieb in Dienst bis 1988 und wurde nach längerer Standzeit an den Verein der Feuerwehr Oldtimerfreunde Esslingen e.V. abgegeben, deren erstes großes Werk die Restaurierung dieses wertvollen Fahrzeuges war.
Das "Doppeltank"-Tanklöschfahrzeug
Im Jahr 1955 wurde das zweite Tanklöschfahrzeug der Esslinger Wehr mit der Bezeichnung TLF 15 in Dienst gestellt. Der Magirus-Rundhauber soll erwähnt werden, weil in seinem Aufbau eine damals innovative Neuheit zu finden war: Im 2400 l fassenden Wassertank war ein Schaumtank mit dem damals verwendeten Proteinschaummittel eingebaut, der eine schnellere Abgabe von Schaum ermöglichte, als es mit der sonst üblichen Verfahrensweise der Entnahme aus Kanistern und Zumischung mit tragbaren Armaturen möglich war. Allerdings hatten die Gerätewarte nicht allzu lange Freude an der stählernen Konstruktion: Durch Korrosion trat fortwährend Schaummittel in den Wassertank aus, weshalb unfreiwillig mit selbigem Gemisch gelöscht wurde, auch wenn es gar nicht nötig war.
Wie bei allen folgenden Tanklöschfahrzeugen wurde darauf Wert gelegt, dass zwei Schnellangriffseinrichtungen aus formbeständigem C-Schlauch vorhanden waren. Es war damals üblich, diese bei allen Arten von Bränden der Klasse A (feste, glutbildende Stoffe), also auch bei Wohnungs- und Gebäudebränden, im ersten Zugriff einzusetzen, da mit ihnen nach Inbetriebnahme der Pumpe und Abziehen des Schlauches von der Haspel sofort Wasser gegeben werden konnte. Erst später sollte sich die Erkenntnis durchsetzen, dass mit dieser Einsatzweise nicht unerhebliche Gefahren verbunden sind (tödlicher Dienstunfall in Köln im März 1996) und dass die Zeitersparnis nur bei kurzen Wegen, beschränkter Ausdehnung des Brandes und übersichtlicher Lage gegeben ist, wenn keine weiteren Rohre mehr einzusetzen sind. Deshalb wird heute der Schnellangriffsschlauch innerhalb von Gebäuden in der Regel nicht mehr verwendet.